Qualifikationsarbeiten
Arbeiten der Kollegiat*innen (Kohorte 1)
Dissertation
- bearbeitet von Eyk Akansu
- Kohorte 1 (ab 2022)
Publizität von Lyrik in der DDR. Die Lyrikreihe Poesiealbum (1967 bis 1989/90)
Das Poesiealbum kann als eine Erscheinung der sogenannten Lyrikwelle gelten, die mit dem berühmt gewordenen, von Stephan Hermlin initiierten Lyrikabend in der Akademie der Künste am 11. Dezember 1962 ihren Ausgang nahm. Neben Rezitation oder Performance setzt Publizität von Lyrik deren Veröffentlichung und Verbreitung im buchhändlerischen Sinne voraus. Die wiederum hingen von der Genehmigung durch die Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel im Ministerium für Kultur ab. Die Gutachten, die zu diesem Zweck verfasst wurden, begründen opportune Lesarten. Mit ihnen lässt sich der Diskurs um das poetisch Sagbare nachzeichnen und die Geschichte des Poesiealbums um eine Quellengattung ergänzen, deren systematische Analyse bisher ausgeblieben ist. Synchrone und diachrone Vergleiche etwa nach Herkunft oder Generation der Lyriker:innen sollen die Analyse differenzieren. Dabei ist das Vorgehen diskursanalytisch inspiriert und verbindet close mit distant reading diverser Quellen.
Dissertation
- bearbeitet von Annette Becker
- Kohorte 1 (ab 2022)
Madagassische Gegenwart im Fokus foto-literarischer Werke
In einem qualitativen Forschungsdesign untersucht Annette zeitgenössische Publikationen von madagassischen Fotograf*innen und Literat*innen. Diese kulturellen Artefakte der literarischen Produktion produzieren, archivieren und transportieren explitzite und implizite Formen gesellschaftlichen Wissens und schaffen im Kontext der sozioökonomischen, kulturellen und medialen Bedingungen Madagaskars einen spezifischen Diskursraum, der lokale und globale Öffentlichkeiten verbindet. So bietet die methodische Analyse und Interpretation dieser besonderen Ausdrucksform von Literatur die Chance, aktuelle Diskurse der madagassischen Öffentlichkeit für sich und in ihren globalen Verflechtungen zu verstehen, sowie die konkreten Entstehungs-, Produktions- und Distributionsbedingungen von Literatur in Madagaskar exemplarisch zu rekonstruieren. Die Forschungsmethodik kombiniert deshalb in einem iterativen Vorgehen ethnografische und interpretative Methoden empirischer, rekonstruktiver Sozialforschung auf der Grundlage wissenssoziologischer, praxistheoretischer und postkolonialer Theorie.
Dissertation
- bearbeitet von Henrique Bordini
- Kohorte 1 (ab 2022)
Zensursysteme im Vergleich: Brasilien und DDR
Henriques Projekt vergleicht die bürokratischen Strukturen der Zensur in der brasilianischen Militärdiktatur und der DDR. An den Beispielen Zero von Ignácio de Loyola Brandão und Rummelplatz von Werner Bräunig und den respektiven Zensurberichten und Begründungen, die in den jeweiligen Ämtern verfasst wurden, sollen Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Zensursysteme in Brasilien und der DDR herausgearbeitet werden. Die begleitende Lektüre unzensierter, ebenfalls regimekritischer Werke wie Sargento Getúlio von João Ubaldo Ribeiro und Der geteilte Himmel von Christa Wolf sollen das Verständnis für das Verhältnis von Zensur und literarischer Öffentlichkeit vertiefen.
Dissertation
- bearbeitet von Patrick Graur
- Kohorte 1 (ab 2022)
Die Aktionsgruppe Banat im Spannungsfeld von Literatur und Öffentlichkeit (1965–1984)
Das vorliegende Projekt macht es sich mit seinem Gegenstand der Aktionsgruppe Banat zur Aufgabe, aus literatursoziologischer und interkultureller Perspektive die Entstehungsbedingungen einer literarischen Gruppierung im sozialistischen Rumänien (1), die Produktion und Rezeption einer spezifischen Form der rumäniendeutschen Literatur in den 1960er bis 1980er Jahren (2) sowie die kulturhistorische Relevanz der dort verhandelten Konzepte von Autorschaft, Identitätskonstruktion und dem Verhältnis von Literatur und Öffentlichkeit (3) zu analysieren. Obwohl die Aktionsgruppe Banat nur in der kurzen Zeit von 1972 bis 1975 existierte – bevor sie von der Securitate aufgelöst wurde –, blieben die beteiligten Autoren, wie etwa Richard Wagner (*1952), Johann Lippet (*1951) oder Anton Sterbling (*1953), darüber hinaus relevante Stimmen im rumänisch-deutschen öffentlichen Diskurs. Dabei gilt es, philologische und textnahe Analysen der – vornehmlich in Form von Gedichten und Kurzprosa – entstandenen Literatur in Beziehung zu setzen mit Inszenierungsstrategien, intermedialen Experimenten und öffentlichkeitswirksamen Aktionen. Damit erweitert die Arbeit den Blick auf diese politisch brisante und literaturwissenschaftlich relevante Phase der deutschsprachigen Literatur Rumäniens in der Zeit nach 1945.
Dissertation
- bearbeitet von Danijel Katić
- Kohorte 1 (ab 2023)
Jugoslawische Partisan:innenfilme als Plattform transnationaler Adaption und Öffentlichkeit
Die Arbeit hat den jugoslawischen Partisan:innenfilm der späten 1960er und frühen 1970er Jahre als Gegenstand der Untersuchung. Exemplarisch bilden hierfür die Filme „Die
Schlacht an der Neretva“ (1969), „Die fünfte Offensive – Kesselschlacht an der Sutjeska“ (1973) und „Einer ist Sarajevo“ (1972) das Korpus. Untersucht wird, inwiefern diese Filmtexte bzgl. Bild- und Formsprache transnationalen Aushandlungsprozessen unterlagen und wie diese Einschreibung wiederum zur Adressierung transnationaler Öffentlichkeit beigetragen hat. Die analytische Betrachtung fokussiert den Zeitraum 1969-1973; die transnationale Einflussnahme wird bereits ab 1946/1947 konstatiert und, als Referenz fungierend, in die Analyse integriert. Neben filmischen Texten werden außerfilmische Elemente wie Filmkritiken, Filmartikel, Filmplakate sowie gegenwärtige Phänomene der Distribution (DVD- und Blu-Ray- Veröffentlichungen) eingebunden.
Dissertation
- bearbeitet von Arunima Kundu
- Kohorte 1 (ab 2022)
Mediating Otherness in Cultural Discourse: the Planetary Posthuman Subject in Afrofuturist Science Fiction
Mein Projekt erforscht wie afrofuturistische Science-Fiction an kulturellen Diskursen zum Menschsein teilnimmt, indem sie Beispiele eines „planetary posthuman“ Subjekts kreiert, welche die Binaritäten, die auf den Diskursen von Rasse und „otherness“ aufgebaut sind, dekonstruieren. Dabei greift es auf die Forschung zu „posthumanist theory“ und das Konzept von Planetarität zurück, um ein Verständnis eines „planetary posthuman“ zu ermöglichen. Das Konzept des Cyborgs verkörpert eine posthumane Subjektivität mit einem planetaren Bewusstsein und verleiht diesem eine konkrete Form. Das Ziel ist es zu untersuchen, wie ein „afrofuturist planetary posthuman“ zum öffentlichen Diskurs und der kulturellen Entwicklung in den Vereinigten Staaten und Nordamerika beitragen kann. Dieses Projekt wählt ein intermediales methodologisches Vorgehen mit einer engen Textbindung und genauen Analyse der Hollywood Science-Fiction Filme, sowie der gegenwärtigen Science Fiction Literatur in der Form von Romanen und Comics.
Dissertation
- bearbeitet von Wesley Moore
- Kohorte 1 (ab 2022)
Blurred Boundaries: Internet, Authenticity, and the Individual in 21st Century US Literature
In meiner Doktorarbeit untersuche ich, wie sich die US-amerikanische Literatur des 21. Jahrhunderts mit neuen Medientechnologien und deren Auswirkungen auf das Individuum und den Roman auseinandersetzt. Durch die Analyse der Literatur von Jennifer Egan, Ben Lerner und Lauren Oyler untersuche ich, wie diese Werke traditionelle Vorstellungen von Grenzen in Bezug auf Konzeptualisierungen von „Authentizität“ und Genre neu definieren: Grenzen zwischen Historie und Fiktion, physischen und virtuellen Räumen sowie öffentlichen und privaten Vorstellungen des Selbst. Trotz der Anzeichen von unscharfen Grenzen vermute ich, dass die Autoren den physischen Raum und die persönliche Kollaboration gegenüber virtuellen Räumen und Online-Diskursen bevorzugen. Schließlich möchte ich die Rolle des Romans in der Öffentlichkeit des 21. Jahrhunderts erforschen und vorschlage die analysierten Werke als demokratische Kontrapunkte zum steigenden Illiberalismus, der im Internet erkennbar ist.
Dissertation
- bearbeitet von Noran Omran
- Kohorte 1 (ab 2022)
Die Medien der deutschsprachigen Underground-Literatur – Netzwerke transnationaler Gegenöffentlichkeiten im 20. Jahrhundert
Ausgangspunkt des Promotionsvorhabens ist die von der deutschsprachigen Alternativszene selbst formulierte Feststellung, die ab 1968 ins Zirkulieren gebrachten Journale gehorchten einem inszenierten Chaos. Visuell werden vorsätzlich ungeordnete Seiteninhalte politischer, literarischer, religiöser Umwälzungen dieser Umbruchszeit dem Publikum in einer von thematischem Pluralismus und typographischer Heterogenität geprägten Seitengestaltung unterbreitet. Bunte, visuell wie inhaltlich überfrachtete Hefte liefern ein auf den ersten Blick unübersichtliches, im Bricolage-Stil kompiliertes Chaos. Genauer besehen erweist sich die scheinbare Willkür allerdings als diskursiv begründet, als Element strategischer Distinktion im zeitgenössischen Kulturbetrieb. Die inszenierte Heterogenität der Journale, die amateurhafte Anmutung ihrer Gestaltung, ihrer Produktion und Distribution, aber auch ihre ostinate Tendenz zur Vernetzung durch wechselseitige Zitation geben eine Eigenlogik zu erkennen, deren Funktionsweise, Wirkung und kulturgeschichtliche Verortung freizulegen sich mein Projekt zum Ziel gesetzt hat. Die Aufmerksamkeit gilt insbesondere der Netzwerkbildung zwischen vermeintlich nicht zusammengehörigen /-passenden U-Journalen. Synchron publizierte Journale wie Ulcus Molle Info (1969-1990), Gasolin 23 (1973-1986) und Boa Vista (1974-1983), konturieren je für sich, gerade aber auch in der perennierenden Interaktion untereinander, sowie im Austausch mit Romanen und Lyrik-Anthologien der transnationalen Underground-Szene, im Wechselspiel mit den kulturellen Artefakten der englischsprachigen Beatniks der 1950er und 60er Jahren, im Rekurs auf die Surrealisten und Dadaisten der Moderne, in der scharfen Abgrenzung gegenüber der high- und mid-culture ihr spezifisches Verständnis einer Literatur des/im Underground. Dieses rhizomartige Verweisnetzwerk, wie es sich etabliert, sich zu erkennen gibt, sich über sich selbst verständigt und sich abgrenzt, welche Lektüren es eröffnet, welche kulturpoetische Relevanz ihm zukommt, möchte die geplante Untersuchung mit den Mitteln einer kulturgeschichtlich ausgerichteten Medien- und Materialphilologie sichtbar machen, in der Fläche ebenso wie in Form von close-readings.
Dissertation
- bearbeitet von Lisa Seuberth
- Kohorte 1 (ab 2022)
Whiteness as Usual? The Racial Politics of the 21st-Century Prize Novel
Das Projekt analysiert die anti-schwarzen diskriminatorischen Praktiken in den Auswahlverfahren dreier großer anglophoner Literaturpreise, sowie deren Auswirkungen auf die öffentliche Rezeption der preisgekrönten Literatur. Ich argumentiere, dass im 21. Jahrhundert die Zahl der preisgekrönten Romane zunimmt, die ein großes Potenzial haben, racial literacy in der US-amerikanischen Öffentlichkeit zu fördern, das jedoch noch nicht vollständig ausgeschöpft wird, da diese Texte innerhalb eines literarischen Feldes zirkulieren, dessen Dynamiken auf anti-schwarzer Diskriminierung beruhen. Ich folge Lani Guiniers Definition von racial literacy als der Fähigkeit, Rassismus als systemische und andauernde Bedingung in den USA mit verschiedenen Auswirkungen auf das Leben Einzelner zu verstehen und die Handlungsfähigkeit von rassifizierten Individuen in diesem Umfeld anzuerkennen (Guinier 100-115). Am Beispiel von sechs preisgekrönten Romanen, die zwischen 2000 und 2020 ausgezeichnet wurden, untersuche ich zunächst, inwieweit in diese Texte das Potenzial eingeschrieben ist, racial literacy zu transportieren. Anschließend werden die Bedingungen der Preisvergabe in den jeweiligen Jahren analysiert (z.B. Jurymitglieder, Autorenhintergrund, Informationen über die Nominierten, öffentliche Äußerungen zu den Auswahlkriterien), um die racial literacy der Romane mit ihrem institutionellen Kontext der Preise, und damit mit der sozialen Stratifizierung des literarischen Feldes, in Beziehung zu setzen. In einer abschließenden Rezeptionsanalyse der Romane als Preisträger in verschiedenen Medienkanälen versuche ich zu ermitteln, welchen Effekt die Preise auf die öffentliche Rezeption der Romane und ihrer racial literacy hatten.
Dissertation
- bearbeitet von Laura Sturtz
- Kohorte 1 (ab 2022)
Literarische Intervention und Gesellschaftliche Vision im Postmigrantischen Schreiben der Gegenwart
Das Projekt fokussiert die sich wandelnde deutschsprachige Literaturlandschaft ebenso wie die dazugehörigen Diskurse, verbunden mit einer größeren Vielstimmigkeit und Sichtbarkeit pluraler Biografien und Zugehörigkeiten, wie sie Sasha Marianna Salzmanns Außer Sich (2017), Olivia Wenzels 1000 Serpentinen Angst (2020), Shida Bazyars Drei Kameradinnen (2021) und Fatma Aydemirs Dschinns (2022) erzählerisch wie formalästhetisch umsetzen. Diese ‚radikale Diversität‘ von Lebensrealitäten steht der Vorstellung einer homogenen deutschen Gesellschaft entgegen, welche die Vielschichtigkeit von Identitäten marginalisiert, und entwirft mehrdeutige Zugehörigkeiten, die nicht mehr entlang normativer Deutungen von Herkunft, Sexualität oder Familie gedacht werden. Das vorliegende Projekt verfolgt dabei einen intersektionalen Ansatz, der die gewählten Texte, die sich durch ihre kritische Adressierung einer deutschsprachigen Gegenwartskultur auszeichnen, als eine Form des interventionistisch-politischen Schreibens versteht, als Teil eines Diskurses zwischen Literatur und Öffentlichkeit.
Dissertation
- bearbeitet von Ruxandra Teodorescu
- Kohorte 1 (ab 2022)
The AI Perspective: An Examination of Human and Artificial Co-Existence in North American SF Discourse
Das Dissertationsprojekt ist an der Schnittstelle von Literatur- und Kulturwissenschaft, kritischem Posthumanismus, Ethik der künstlichen Intelligenz, Philosophie des Geistes und Medienwissenschaft angesiedelt und untersucht, wie literarische, öffentliche und wissenschaftliche Diskurse differenzierte Verständnisse von KI abbilden. Sie untersucht, wie die Koexistenz von Menschen und KI in der zeitgenössischen Science Fiction-Literatur dargestellt wird und wie diese Darstellungen anthropozentrische Normen in Frage stellen, um dadurch einen eher posthumanistischen Ansatz zu verfolgen. Diese Untersuchung befasst sich mit Science-Fiction-Romanen, in denen verschiedene Formen von KI dargestellt werden, die anthropozentrische Vorstellungen von Wissen, Bewusstsein, Kommunikation, Rechten und Moral in Frage stellen, um zu zeigen, wie Literatur ein Medium für Debatten und eine Form der Erforschung verschiedener Ansätze zur Wissensgewinnung sein kann.
Habilitation
- bearbeitet von Antonia Villinger
- Kohorte 1 (ab 2022)
Kohletexte. Kohle als Energiequelle in der deutschsprachigen Literatur nach 1945
Die Klimakrise und die geforderte Energiewende prägen den gegenwärtigen gesellschaftspolitischen Diskurs maßgeblich. In diesem Kontext rücken insbesondere Fragen zur Energieversorgung in den Mittelpunkt, weshalb die Wahl der verschiedenen Energiequellen und die darauf zurückzuführenden Auswirkungen auf die Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft intensiv besprochen werden. Deutlich ist dieser Wandel an der öffentlichen Rezeption der Energiequelle Kohle zu beobachten; schließlich wird kontrovers diskutiert, ob stillgelegte Kohlezechen wieder in Betrieb genommen werden sollen.
Auch die Literatur nimmt in diesen Diskussionen eine zentrale Stellung ein, setzt sich diese doch kritisch mit der Mensch-Umwelt-Beziehung auseinander und reflektiert über sozialgeschichtliche und kulturpolitische Fragestellungen. Diesen sozialen, ökonomischen und ökologischen Transformationsprozessen und den sich daraus entwickelnden Gegenwartskulturen widmet sich das Forschungsprojekt. Ziel ist es, im Anschluss an Forschungsbeiträge aus den Environmental und Energy Humanities, den Material Studies und dem Ecocriticism die Darstellung der Kohle als Energiequelle in der deutschsprachigen Literatur nach 1945 umfänglich zu untersuchen.
Dissertation
- bearbeitet von Maximilian Würz
- Kohorte 1 (ab 2022)
Kurzes Erzählen im 21. Jahrhundert – Entstehungsbedingungen und Aneignungspotenziale kurzer Erzählformen in der Gegenwart.
Aufgrund der ihnen inhärenten Kürze ist davon auszugehen, dass kurze Erzählformen, wie die Kurzgeschichte, in ihrer Entstehung von formspezifischen Faktoren beeinflusst werden. In der Konstitutionsphase der deutschsprachigen Kurzgeschichte nach 1945 zählten unter anderem der vorherrschende Papiermangel und die kulturpolitische Einflussnahme der Alliierten auf die Publikations- und Presseorgane zu den positiven Förderfaktoren. Gleichzeitig wurden der narrativen Kurzprosa in dieser Periode besondere Wirkungspotenziale, verstanden als Effekte auf sie umgebende Umwelten haben können, zugeschrieben. Neben der Möglichkeit sich damit literarisch von einer nationalsozialistisch geprägten Vätergeneration abzugrenzen und einer besonderen Eignung zur Äußerung von Gesellschafts-/Gegenwartskritik, wurden der hohe didaktische Nutzen und die demokratische Grundkonstitution dieser Schreibweisen in der Forschung wiederholt benannt. Das vorliegende Dissertationsprojekt macht es sich zur Aufgabe, diese wie auch weitere Entstehungsbedingungen und Wirkungspotentiale kurzer Erzählformen im 21. Jahrhundert zu untersuchen. Hierfür wird zunächst das theoretische Verständnis dieser Formen ab 1945 fokussiert und gegenwärtigen Phänomenen in der Praxis nachgespürt, um Diskrepanzen zwischen Theorie und Praxis aufzuzeigen und auf dieser Basis einen Merkmalkatalog kurzer Erzählformen zu abstrahieren. Darauf aufbauend, wird der Versuch unternommen, die Entstehungsbedingungen und Wirkungspotenziale dieser Formen literaturhistorisch nachzuzeichnen und über einen generellen Zugriff auf das strukturelle Phänomen der Kürze, Hypothesen für die Analyse der gegenwärtigen Situation deduktiv abzuleiten. In der Folge werden diese Vorannahmen in einem zweigliedrigen Verfahren empirisch überprüft. Hierfür wird im ersten Schritt ein Metadatenkorpus mit Informationen zu kurzen Erzählformen in vier relevanten Publikationssegmenten (Buchmarkt, Zeitschriften, Wettbewerbe, Social-Reading-Plattformen) in Form einer Relationalen Datenbank zusammengetragen und empirisch ausgewertet. In einem zweiten Schritt wird ein Textkorpus zweiten Grades aus den beobachteten Hypothesen abgeleitet und mittels des computergestützten Verfahrens Topic Modeling untersucht, um so jene Hypothesen zu prüfen, die sich auf die stofflich-thematische Dimension beziehen. Zuletzt werden die Ergebnisse qualitativ ausgewertet, daraus gegenwärtige Entstehungsbedingungen und Wirkungspotenziale kurzer Erzählformen destilliert und anhand prototypischer Einzelfälle vorgestellt.
Arbeiten der Assoziierten (Kohorte 1)
Dissertation
- bearbeitet von Tabea Knoll
- Kohorte 1 (ab 2022)
›I bet you think we’re a cult‹: Rethinking alternative religious movements in US literary production since the 1980s
Das Promotionsprojekt beschäftigt sich mit der Darstellung und Verhandlung religiöser Randgruppierungen (new religious movements / „cults“) in US-amerikanischen literarischen Texten des 20. Und 21. Jahrhunderts. In Verbindung von literaturwissenschaftlicher Textarbeit und religionswissenschaftlicher Analyse soll erschlossen werden, inwiefern die literarische Bearbeitung alternativer religiöser Bewegungen öffentlichkeitswirksame Gesellschaftskritik übt und sich am Projekt des Neudenkens von Religion in einer postsäkularen Gesellschaft beteiligt. Ziel der Dissertation ist es die Diskurse des Forschungsfelds „Literatur und Religion“ mit einer einführenden Analyse in den literarischen Diskurs um religiöse Randgruppierungen zu bereichern und auf die Strategien zum Umgang mit Pluralität, die in den untersuchen literarischen Texten produziert werden, zu verweisen.
Dissertation
- bearbeitet von Chiona Hufnagel
- Kohorte 1 (seit 2022)
Decolonial Constructions of Masculinities in North American Indigenous Writing Since the Late 1960s
Chionas Projekt betrachtet literarische Texte nordamerikanischer indigener Autor*innen, die seit den 1960er Jahren veröffentlich worden sind. Sie analysiert, wie diese Texte Nordamerikas hetero cis-Patriarchat, seine Konstruktionen von Männlichkeit, problematisieren und Konzepte von Maskulinität erweitern und neu erdenken. Aufgrund dessen, dass Fragen nationaler indigener Identität und Sexualität/Geschlechtsidentität in der Öffentlichkeit oft als voneinander getrennte Themen verhandelt worden sind, verweisen die ausgewählten Texte auf die Notwendigkeit indigene Identität und ein diverses Verständnis von Geschlecht zusammen zu führen. Da Männlichkeiten besonders dann lesbar werden, wenn sie nicht von einer männlichen, heterosexuellen und körperlich gesunden cis-Person aus der Mittelschicht performiert werden, betrachtet das Projekt auch Konstruktionen queerer Männlichkeiten. Durch ein „reparatives“ Lesen der literarischen Texte treten die im Text angelegten reparativen Praxen besonders hervor. Daher fasst das Projekt Freude, Hoffnung, Humor und dekoloniale Liebe und Intimität als „radical embodied reparative practices of resurgence“.
Dissertation
- bearbeitet von Jonas Meurer
- Kohorte 1 (ab 2022)
Friedrich Georg Jünger nach 1945: Publizität – Netzwerke – Rezeption
Das Dissertationsprojekt beschäftigt sich mit der Position und den Positionierungen des Lyrikers, Romanciers, Essayisten, Technik- und Kulturkritikers Friedrich Georg Jünger (1898-1977) im literarisch-kulturellen Feld nach 1945. Ziel ist zum einen die detaillierte Rekonstruktion der Prozesse und Praktiken, die dem einstigen ‚Konservativen Revolutionär‘ (Armin Mohler) seit der unmittelbaren Nachkriegszeit öffentliche Sichtbarkeit verschafften. Zum anderen werden die daraus resultierenden Effekte – wie Jüngers Publizität von verschiedenen Akteuren kontextualisiert, verhandelt oder bewertet wurde – analysiert. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei rechtskonservativen Intellektuellenmilieus und Gegenöffentlichkeiten, die für die Rezeptionsgeschichte Jüngers einen konstitutiven Einflussfaktor darstellen. Methodisch ist das Projekt an der Schnittstelle von Autorschafts-, Diskurs-, Feld- und Netzwerktheorie angesiedelt.